Bergisch Gladbach

Der erneute Stillstand, in dem sich die Musikszene in diesem Jahr zum wiederholten Mal zwangsweise befindet, ist für alle Künstler natürlich schwer erträglich. Dabei wird auch das Publikum in die Mitleidenschaft gezogen, denn die Kunst hat in allen Zeiten - darunter auch in Krisenzeiten - eine wichtige Rolle gespielt, indem sie den Leuten Trost und Kraft, gute Stimmung und geistige Entspannung gespendet hat. So haben sich im Dezember vier Musiker zusammengeschlossen - mit dem Ziel, eine kurze, aber ausdrucksvolle Botschaft der musikalischen Präsenz an die Menschen zu schicken. Sie haben sich für sechs wunderbare Wiener Streichquartette von W. A. Mozart entschieden, denn seine melodische Leichtigkeit, Energie und Lebensgewandtheit genau das sind, was im heutigen grauen Alltag zweifelsohne sehr häufig fehlt. Mit sechs kurzen spontanen Musikpräsentation im Freien haben die Musiker dafür gesorgt, dass einzelne Menschen, die spazierengegangen, gewandert oder einfach vorbeigezogen sind, die von dieser Musik vermittele schöne seelische Stimmung kurz wahrnehmen und mit auf den Weg nehmen konnten. Die Stadt bergisch Gladbach bietet dafür zum Glück genug malerische Orte. So erklang Mozarts wohltuende Musik kurz am imposanten Schloss Bensberg, an den mitten in der Natur liegenden Wanderwegen im Lerbacher Wald und An der Strunde, in den ruhigen Gärten der Bestattung wie auch am grünen Residenzpark. Schöne Landschaften, frische Luft, blauer Himmel und strahlende winterliche Sonne haben dabei sehr inspirierend gewirkt und ein tolles, beflügelndes Gefühl von Freiheit verliehen.



KV 168, Streichquartett Nr. 8 F-Dur
Solisten: Michael Kibardin (1. Violine), Andrei Nikolaev (2. Violine), Anton Hubert (Bratsche), Lev Gordin (Cello)
Aufnahme am 13.-19. Dezember 2020 in der Stadt Bergisch Gladbach

KV 168, Streichquartett Nr. 8 F-Dur
KV 168, Streichquartett Nr. 8 F-Dur, Allegro
KV 168, Streichquartett Nr. 8 F-Dur, Andante
KV 168, Streichquartett Nr. 8 F-Dur, Menuetto
KV 168, Streichquartett Nr. 8 F-Dur, Allegro


KV 169, Streichquartett Nr. 9 A-Dur
Solisten: Michael Kibardin (1. Violine), Andrei Nikolaev (2. Violine), Anton Hubert (Bratsche), Lev Gordin (Cello)
Aufnahme am 13.-19. Dezember 2020 in der Stadt Bergisch Gladbach

KV 169, Streichquartett Nr. 9 A-Dur
KV 169, Streichquartett Nr. 9 A-Dur, Molto Allegro
KV 169, Streichquartett Nr. 9 A-Dur, Andante
KV 169, Streichquartett Nr. 9 A-Dur, Menuetto
KV 169, Streichquartett Nr. 9 A-Dur, Rondeau.Allegro


KV 170, Streichquartett Nr. 10 C-Dur
Solisten: Michael Kibardin (1. Violine), Andrei Nikolaev (2. Violine), Anton Hubert (Bratsche), Lev Gordin (Cello)
Aufnahme am 13.-19. Dezember 2020 in der Stadt Bergisch Gladbach

KV 170, Streichquartett Nr. 10 C-Dur
KV 170, Streichquartett Nr. 10 C-Dur, Andante
KV 170, Streichquartett Nr. 10 C-Dur, Menuetto
KV 170, Streichquartett Nr. 10 C-Dur, Un poco adagio
KV 170, Streichquartett Nr. 10 C-Dur, Rondo.Allegro


KV 171, Streichquartett Nr. 11 Es-Dur
Solisten: Michael Kibardin (1. Violine), Andrei Nikolaev (2. Violine), Anton Hubert (Bratsche), Lev Gordin (Cello)
Aufnahme am 13.-19. Dezember 2020 in der Stadt Bergisch Gladbach

KV 171, Streichquartett Nr. 11 Es-Dur
KV 171, Streichquartett Nr. 11 Es-Dur, Adagio - Allegro assai - Adagio
KV 171, Streichquartett Nr. 11 Es-Dur, Menuetto
KV 171, Streichquartett Nr. 11 Es-Dur, Andante
KV 171, Streichquartett Nr. 11 Es-Dur, Allegro assai


KV 172, Streichquartett Nr. 12 B-Dur
Solisten: Michael Kibardin (1. Violine), Andrei Nikolaev (2. Violine), Anton Hubert (Bratsche), Lev Gordin (Cello)
Aufnahme am 13.-19. Dezember 2020 in der Stadt Bergisch Gladbach

KV 172, Streichquartett Nr. 12 B-Dur
KV 172, Streichquartett Nr. 12 B-Dur, Allegro spiritoso
KV 172, Streichquartett Nr. 12 B-Dur, Adagio
KV 172, Streichquartett Nr. 12 B-Dur, Menuetto
KV 172, Streichquartett Nr. 12 B-Dur, Allegro assai


KV 173, Streichquartett Nr. 13 d-Moll
Solisten: Michael Kibardin (1. Violine), Andrei Nikolaev (2. Violine), Anton Hubert (Bratsche), Lev Gordin (Cello)
Aufnahme am 13.-19. Dezember 2020 in der Stadt Bergisch Gladbach

KV 173, Streichquartett Nr. 13 d-Moll
KV 173, Streichquartett Nr. 13 d-Moll, Allegro moderato
KV 173, Streichquartett Nr. 13 d-Moll, Andantino grazioso
KV 173, Streichquartett Nr. 13 d-Moll, Menuetto
KV 173, Streichquartett Nr. 13 d-Moll, Allegro moderato

KV 168-173 Bergisch Gladbach

Die sogenannten Wiener Streichquartette sind im Jahr 1773 entstanden und stellen eine bemerkenswerte Etappe auf Mozarts Weg von seinen früheren italienischen Versuchen in diesem Genre (Mailänder Quartette) bis zu den reifen Quartetten der 1780er Jahre dar.
So löst sich der Komponist allmählich davon, Werke für diese Besetzung als „kleine Violinkonzerte“ zu behandeln, in denen die Stimme der ersten Violine durch eine ausgeprägte melodische Führung überall dominiert und die restlichen drei Parts dieser Melodie in begleitender Weise untergeordnet sind. Es lässt sich also eine immer präsenter werdende Gleichbehandlung aller Stimmen zu beobachten – logischerweise mit Zunahme von polyphonen Elementen. Außerdem verfestigt sich hier der viersätzige Konstrukt, was auf eine intensivere Bindung zur Sinfonie hinweist.


KV 168 Bergisch Gladbach

Das Quartett F-Dur KV 168 ist vor allem in Hinsicht der angewandten polyphonen Technik auffällig, vor allem der 2. Satz Andante und der 4. Satz Allegro, der eigentlich eine Fuge darstellt. Aber auch bereits im ersten Satz Allegro ist eine höhere Beteiligung der unteren Stimmen zu sehen, die die erste Violine nicht nur begleiten, sondern sich auch motivisch und thematisch gegenseitig komplettieren. Der dritte Satz Menuetto ist das für die frühe Wiener Klassik typische Beispiel eines Intermezzos innerhalb eines Zyklus.


KV 169 Bergisch Gladbach

Das Quartett A-Dur KV 169 wirkt wie ein frisches, leichtes Divertimento – eine bei Mozart nicht selten vertretene Gattung. Hier tritt das sich im ersten Quartett der Wiener Reihe zeigende polyphone Denken mehr in den Hintergrund und überlässt die beinahe unbegrenzte Führung der ersten Violine. Der erste Satz Molto allegro ist quasi eine brillante Ouvertüre, nach der der vom Charakter einer lyrischen Arie geprägte Satz Andante wie ein emotionales Zentrum der ganzen Komposition heranzieht. Nach dem dritten Satz Menuetto sorgt das flotte finale Rondeau, wo die erste Violine technisch deutlich anspruchsvoller als die restlichen Stimmen ausgestaltet ist, für eine fröhliche und schwungvolle Stimmung.


KV 170 Bergisch Gladbach

Das Quartett C-Dur KV 170 setzt im Grunde genommen die Tendenz des vorherigen Stücks weiter fort – und wirkt durch eine sehr abgehobene Führung der ersten Violinstimme wie ein kleines Violinkonzert. Im ersten Satz Andante entscheidet sich Mozart nicht für schwungvolle Musik, sondern bevorzugt ein Thema mit Variationen. Nach dem zweiten tänzerischen Satz Menuetto ist wieder eine innige Arie zu hören – so erscheint der dritte Satz Un poco Adagio. Ein lebendiges Rondo schließt die Komposition ab.


KV 171 Bergisch Gladbach

Das Quartett Es-Dur KV 171 bringt mit sich sofort etwas Neues: Der erste Satz bzw. sein typischer Allegro-Teil wird von einer langsamen Introduktion Adagio vorbereitet und ebenso mit einem Adagio abgerundet. Dies wirkt besonders gründlich und verleiht dem Zyklus sofort einen etwas anderen Status – mehr in Richtung Sinfonie, für die derart aufgebaute erste Sätze (mit einer langsamen Einleitung) typisch sind. Das Menuetto rückt auch in diesem Zyklus vom typischen dritten auf den zweiten Platz. Der dritte Satz Andante ist der erste Satz in einer Moll-Tonart in dieser ganzen Quartett-Reihe. Er ist düster, schwermütig und sorgt für einen sofort spürbaren Kontrast. Hier kann man auch eine entwickelte polyphone Struktur beobachten – keine ausgeprägte Dominanz der ersten Violine, sondern ein konzentriertes und ausgewogenes klangliches Miteinander. Der vierte Satz Allegro assai mit seinem sprunghaften Metrum in 3/8 stellt die Lebensfreude wieder her.


KV 172 Bergisch Gladbach

Im Quartett B-Dur KV 172 kehrt Mozart zu einem typischeren Aufbau zurück: Der brillante erste Satz Allegro spiritoso wird von einer innigen Arie der ersten Violine im darauffolgenden Adagio abgelöst. Nach dem kurzen tänzerischen Intermezzo – dem dritten Satz Menuetto – bringt mit sich das abschließende Allegro assai eine sorglose, fröhliche Stimmung.


KV 173 Bergisch Gladbach

Das Quartett d-Moll KV 173 erscheint nach der Leichtigkeit des vorherigen Quartetts wie eine andere Welt. Mozart greift hier zur Tonart d-Moll – einer Tonart, die in seinem Schaffen für den Ausdruck von Dramatik, Leid und Schmerz bis zum Tod hin steht. Bereits der erste Satz Allegro moderato ist von trauriger Stimmung und Angespanntheit zugleich durchdrungen. Durch den zweiten Satz Andantino grazioso kommt für wenige Momente etwas mehr Entspannung und Licht, wonach das dramatische Menuetto uns wieder in die dunkle, traurige Sphäre zurückbringt. Der polyphone vierte Satz Allegro moderato mit seinen absteigenden chromatischen Linien ist eine Konzentration von quälenden, leidvollen Gedanken – die Musik wirkt bedrückend und klingt allmählich sehr leise aus.


Michael Kibardin

Michael Kibardin (Violine) studierte bei Prof. Nathan Mendelssohn an der Musikhochschule in Taschkent. Als Solist des Usbekischen Rundfunkkammerorchesters und des Moskauer Kammerorchesters „Akademie“ bereiste er die ehemaligen Sowjetrepubliken und ganz Europa.1995 führte ihn sein Weg nach Hamburg, wo er das Studium an der Hochschule für Musik und Theater bei Prof. A.Röhn fortsetzte und sein Diplom mit Auszeichnung absolvierte. Die Teilnahme an verschiedenen internationalen Meisterkursen, u.a. bei Ivry Gitlis, Yfrah Neamann, dem Beaux Art Trio und dem Guarneri Quartett vervollkommnete seine Ausbildung. Zudem wurde es Preisträger bei den internationalen Wettbewerben in Gernsbach sowie „Elise Meyer-Wettbewerb“ in Hamburg und erhielte 2009 den Berenberg Kulturpreis.Michael Kibardin gab Konzerte mit dem Beethoven-Violinkonzert in Deutschland und Frankreich sowie mit dem Efim-Jurist-Quartett in Deutschland und Europa, u.a. Schleswig-Holstein Musikfestival, Beethovenfest Bonn, TV-Sendungen für den Bayrische Rundfunk, ORF, ZDF, 3 Sat, und Deutschland Radio. Seit 2010 konzertiert er als Solist weltweit u.a. in Spanien, Palau de la Musica Valencia, und Australien, Sydneyopera House.Mit dem nach ihm benannten Kibardin Quartett spielte er Konzerte u.a. bei den Oberstdorfer Sommerfestspielen, beim Neustädter Musiksommer, beim Sommertöne-Festival Leipzig, beim Usedomer Musikfestival, bei den Musikfestwochen Donau-Oberschwaben und beim Hohenloher Kultursommer.


Andrei Nikolaev

Der Geiger und Dirigent Andrej Nikolaev wurde in Sofia, Bulgarien, geboren. Mit 13 Jahren fing er an, an der Zentralen Musikschule in Moskau in der Klasse von Professor Leonid Lundstrem zu studieren. Anschließend studierte er bei Professor Henryk Kowalski in Stockholm, Schweden. 1994 absolvierte er das State Music College in Moskau mit einem ausgezeichneten Diplom. Andrej promovierte im Mai 2001 am Royal College of Music in Stockholm. In seiner Abschlussprüfung spielte er das Violinkonzert Nr. 1 von Niccoló Paganini in D-Dur. 1998 wechselte er zum Stockholmer Royal Opera House Orchester. Zurzeit wird Andrej häufig eingeladen, führende Positionen in Orchestern und Kammermusikensembles projektweise zu spielen. Seit 2012 wird er regelmäßig als Konzertmeister für das Norrkoping Symphony Orchestra, unter anderem für Vastaras symfonietta, engagiert. Momentan ist Andrej Leiter des Schwedischen Streichquartetts.


Anton Hubert

Der 1978 geborene Anton Hubert erhielt seinen ersten Violinunterricht bereits im Alter von fünf Jahren. Mit vierzehn setzte er seine musikalische Bildung am Markgräfin-Wilhelmine Gymnasium in Bayreuth fort. 1996 studierte er an der Hochschule für Musik Würzburg zunächst Violine bei Prof. Sören Uhde, bevor er seinen Schwerpunkt auf die Viola (bei Prof. Reiner Schmidt) verlagerte. Nach dem Diplomabschluss 2003 und anschließendem Aufbaustudium schloss er das Fach Viola im Jahr 2005 mit dem Konzertexamen ab. Seit 2007 ergänzt Hubert seine Studien im Bereich Kammermusik beim „Vogler Quartett“ in Stuttgart. Bereits während seines Studiums wird er von den Verantwortlichen des Kammerorchesters Camerata Würzburg für die Solo Bratsche engagiert. Zudem spielt er im Orchester der „Jungen Deutschen Philharmonie“ sowie am Meininger Theater. 2000 wird er stellvertretender Solobratschist im philharmonischen Orchester in Würzburg, und 2005 tritt er die Solostelle im Orchester des Coburger Landestheaters an. Zahlreiche Musikfestivals wie z. B. „Cape Classic“ in Kapstadt bringen ihn mit namhaften Musikern wie dem Cellisten Daniel Müller-Schott und dem Geiger Florian Meierott zusammen. 2008 wird Anton Hubert Mitglied des Residenzquartetts in Würzburg. Seit 2009 hat er die Solostelle im Orchester des Pfalztheaters in Kaiserslautern inne und spielt Solopartien in der Südwestfälischen Philharmonie und der Russischen Kammerphilharmonie in St. Petersburg. 2010 wird Anton Hubert Solobratschist des Tiroler Festspielorchesters in Erl. 2016 wird er zum stellvertretenden Solo Viola am Stadttheater in Gießen und auf der gleichen Position an der Hofkapelle in Meiningen.


Lev Gordin

Lev Gordin wurde in St.-Petersburg geboren. Er begann sein Cellostudium im Alter von 6 Jahren bei Natalia Tolbukhina, einer ehemaligen Studentin von Sviatoslav Knushevitsky und Mstislav Rostropovich. Danach studierte er in Israel, USA und Deutschland bei Hillel Zori, Bernard Greenhouse und Wolfgang Boettcher, besuchte unter anderem Meisterkurse von Frans Helmerson, Mstislav Rostropovich, Boris Pergamenschikow und Wolfgang Laufer. Später wirkte er als Solo-Cellist bei den Jenaer Philharmoniker und am Landestheater Eisenach und ist zurzeit ein gern gesehener Gast, unter anderem, im Münchner Rundfunkorchester, am Meininger Theater, im Bergen Philharmonic Orchestra (Norwegen) und Leipziger Symphonieorchester. Er tritt als Solist und Kammermusikpartner in internationalen Festivals auf, unterrichtet auf Meisterkursen und ist als Jurymitglied bei Musikwettbewerben tätig.
Lev Gordin hat mehrere Runfunk- und CD-Aufnahmen als Orchester- und Kammermusiker eingespielt sowie mehrere Wettbewerbspreise und Auszeichnungen gewonnen. Seit 2016 ist er als Solo-Cellist bei der Klassischen Philharmonie Bonn tätig.
Seit 2018 gehört Lev Gordin zu den Solisten des ersten Deutsch-Israelischen Orchesters „Yachad Chamber Orchestra“.