Rosengarten Mannheim

Die Kulturlandschaft einer Stadt ist ein lebendiges Zeugnis ihrer Geschichte, ihrer Werte und ihrer Ambitionen. Die Mannheimer Philharmoniker sind ein Beispiel dafür, wie kulturelle Zusammenarbeit Grenzen überwindet und wie Musik die Herzen von Menschen aus allen Ländern, Milieus und Hintergründen berührt. In der Musik finden wir ein Echo auf unser gemeinsames Erbe und die außergewöhnliche Vielfalt, die Mannheim auf vielen Ebenen einzigartig macht.
Mit ihrer Bildungsarbeit fördern die Mannheimer Philharmoniker junge Talente, die ihren Weg in eine professionelle Karriere antreten können. Auch durch ihre Bildungskonzerte, Familienangebote und die Zusammenarbeit mit pädagogischen und sozialen Einrichtungen der Metropolregion trägt das Orchester maßgeblich dazu bei, eine tiefe und nachhaltige Wertschätzung für Musik zu kultivieren, die Kreativität zu fördern und klassische Musik allen Jugendlichen zugänglich zu machen.

Christian Specht: Grußwort, in: Programmheft der Mannheimer Philharmoniker, Orchesterkonzert mit Martha Argerich am 09.12.2023, Mannheim


KV 550, Sinfonie Nr. 40 g-Moll
Orchester: Mannheimer Philharmoniker
Leitung: Boian Videnoff
Aufnahme am 9. Dezember 2023, Rosengarten Mannheim

KV 550, Sinfonie Nr. 40 g-Moll
KV 550, Sinfonie Nr. 40 g-Moll, Molto allegro
KV 550, Sinfonie Nr. 40 g-Moll, Andante
KV 550, Sinfonie Nr. 40 g-Moll, Menuetto: Allegretto
KV 550, Sinfonie Nr. 40 g-Moll, Allegro assai

KV 550 Rosengarten Mannheim

Auch Wolfgang Amadeus Mozart war während seiner letzten Lebensjahre überwiegend als freischaffender Komponist und Musiker tätig. Zwar erhielt er bereits im Alter von 16 Jahren eine Anstellung als Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle, aber diese Position konnte Mozart, der mit seinen Eltern und seiner Schwester Maria Anna als „Wunderkind“ Europa bereist hatte, kaum erfüllen.
Eine ausgedehnte Städtereise, die ihn unter anderem nach Mannheim und nach Paris führen sollte, war nicht vom erhofften Erfolg gekrönt. Nach seiner Rückkehr blieb das Verhältnis zum fürsterzbischöflichen Dienstherren derart angespannt, dass Mozart schließlich nach Wien zog, wo er als freischaffender Komponist, Klaviervirtuose und Lehrer seinen Lebensunterhalt bestritt. So ent- standen in den Sommermonaten des Jahres 1788 drei Sinfonien, die der Komponist wahrscheinlich jeweils innerhalb von nur vier Wochen zu Papier brachte. Dies legen jedenfalls die notierten Abschlussdaten im selbstangelegten Verzeichnüß aller meiner Werke nahe. Einen Tag nach Vollendung des ersten Teils seiner sinfonischen Trilogie bat Mozart den befreundeten Tuchhändler Michael Puchberg in einem Brief vom 27. Juni: „Kommen Sie doch zu mir und besuchen Sie mich; ich bin immer zu Hause; – ich habe in den 10 Tagen daß ich hier wohne mehr gearbeitet als in anderen Logis in 2 Monat, und kämen mir nicht so oft schwarze Gedanken (die ich nur mit Gewalt ausschlagen muß) würde es mir noch besser von Statten gehen …“ Es ist unklar, worauf sich die „schwarzen Gedanken“ beziehen und ob Mozarts intensives Arbeitspensum einer besonders kreativen Phase oder doch der drohenden Existenzangst und der familiären Verpflichtung geschuldet war.
Inwiefern die musikalische Gestaltung der Sinfonie Nr. 40 in g-Moll, KV 550 Mozarts damaliger Lebenssituation oder der in seinem Brief beschriebenen Gefühlslage Rechnung trägt, lässt sich kaum ermessen. Das Werk bildet gleichermaßen ein Pendant zur vorrangegangenen kraftvollen und lebhaften Sinfonie Nr. 39 und der kurz danach entstandenen „Jupiter-Sinfonie“ in C-Dur, KV 551, die sich besonders durch ihre meisterhafte formale Struktur auszeichnet.
Im Gegensatz dazu wirkt die g-Moll-Sinfonie weitaus „lockerer“ gestaltet. Der Fokus liegt spürbar auf den melodischen Linien, die Mozart scheinbar mühelos aus der Feder geflossen sind. Trotz der überspannenden dunklen Molltonart entwarf der Komponist hier keine „tragische“ Sinfonie, sondern bedient sich einer eleganten und grazilen Schreibweise, die sich bereits in den ersten Takten des Kopfsatzes offenbart. Dessen 1. Thema zählt zu Mozarts populärsten Einfällen schlechthin und kündet von seinem einzigartigen Gespür für lyrisch-anmutige Melodien. Auch der langsame zweite Satz im hellen Es-Dur ist von einer tänzerischen Leichtfüßigkeit geprägt, während das forsche Scherzo in den Eckteilen vor grimmiger Entschlossenheit strotzt und so einen starken Kontrast zu dem zurückhalten- den Mittelteil mit zarten Holzbläsersoli und verhaltenen Streicherklängen bildet. Das Finale teilt sich die ersten drei Töne mit dem Scherzo-Thema – einem aufstrebenden g-Moll-Akkord, der hier in ein energiegeladenes Orchestertutti mündet. Im lebhaften letzten Satz arbeitet Mozart klanglich und dynamisch mit starken Kontrasten: Immer wieder werden die sorgfältig abgestuften Linien der Bläser und Streicher von kraftvollen Gesten unterbrochen und führen das Stück schließlich zu einem fulminanten Schluss.
Text: Gerrit Bogdahn


Mannheimer Philharmoniker

Mit leidenschaftlicher Spielfreude, mitreißenden Interpretationen und einem hohen Qualitätsanspruch konnte das junge Ensemble sein einzigartiges Profil als internationale Talentschmiede für Musikerinnen und Musiker sowie als eines der jüngsten professionellen Orchester Europas formen und sein Repertoire an ein breites Publikum auf der ganzen Welt herantragen.
Die Mannheimer Philharmoniker konzertierten bereits in prominenten Konzertreihen und Festivals in Europa und Asien. Sie sind zu Gast in wichtigen Konzertsälen, wie der Elbphilharmonie Hamburg, der Philharmonie im Gasteig und dem Herkulessaal in München, dem Auditorio Nacional Madrid, der Stuttgarter Liederhalle, der Queen Elizabeth Hall in Antwerpen sowie der Meister singerhalle Nürnberg und arbeiten mit Weltstars, wie u. a. Martha Argerich, Pinchas Zukerman, Mischa Maisky, Sergei Babayan, Sonya Yoncheva, Maria João Pires, Elena Bashkirova, Johannes Moser, Sergei Nakariakov, Igor Levit, Alena Baeva und Julian Steckel zusammen.
Zahlreiche junge Musizierende konnten bereits im Anschluss an ihre Tätigkeit bei den Mannheimer Philharmonikern dauerhafte oder temporäre Anstellungen in führenden europäischen Klangkörpern wie u. a. dem Concertgebouw Amsterdam, der Staatskapelle Berlin und der Mailänder Scala gewinnen. Alumni fühlen sich mit dem Projekt weiterhin verbunden und kehren als Tutoren zurück, um ihre Erfahrungen an die kommenden Generationen weiterzugeben.
Ohne Erfahrung kein Erfolg, ohne Erfolg keine Erfahrung. Selbst mit einem exzellenten Hochschulabschluss haben es junge Musikerinnen und Musiker ohne Orchesterpraxis oft besonders schwer, einen der begehrten Plätze an den Notenpulten großer professioneller Klangkörper zu bekommen.
Hier Abhilfe zu schaffen, war 2009 der Ausgangspunkt der Mannheimer Philharmoniker. Sie verfolgen in Eigeninitiative ein nachhaltiges Konzept der professionellen Orchesternachwuchsförderung und haben das Ziel, herausragenden jungen Musikerinnen und Musikern als Karrieresprungbrett einen Einstieg in ihre beruflichen Laufbahnen zu ermöglichen.
Diese einzigartige Plattform bietet musikalischen Talenten die wertvolle Chance, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten und zugleich wichtige Erfahrungen im Orchester und in der Zusammenarbeit mit Solistinnen und Solisten von Weltrang zu gewinnen. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der künstlerischen Weiterentwicklung der Musizierenden, sondern auch auf der Gewinnung von essentiellen charakterlichen Fähigkeiten wie Verantwortungsübernahme, Teamwork, Mut, Überzeugungskraft und Respekt.


Boian Videnoff

Boian Videnoff ist der Künstlerische Leiter, Chefdirigent und Gründer der Mannheimer Philharmoniker, deren Profil er seit dem Jahr 2010 kontinuierlich prägt. Er arbeitet regelmäßig mit renommierten Künstlern wie Martha Argerich, Mischa Maisky, Sonya Yoncheva, Pinchas Zukerman, Maria João Pires, Sergei Babayan und Igor Levit zusammen und tritt auf in bedeutenden Konzerthäusern wie der Elbphilharmonie Hamburg, der Philharmonie im Gasteig München, dem Herkulessaal in München, der Philharmonie in Köln, der Philharmonie Luxemburg, dem Auditorio Nacional in Madrid, der Queen Elizabeth Hall in Antwerpen, dem Auditorium „la Verdi“ in Mailand, der Alten Oper Frankfurt, dem Stadtcasino Basel, der Meistersingerhalle Nürnberg und der Liederhalle Stuttgart.
Seine Tätigkeit als Gastdirigent führt ihn zu Orchestern wie u.a. dem Antwerpener Sinfonieorchester, dem WDR Rundfunkorchester Köln, der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, der Israel Camerata Jerusalem, der Nordwestdeutschen Philharmonie, dem Orchestra della Svizzera Italiana in Lugano, die Kremerata Baltica, dem Frankfurter Opernorchester, den Nürnberger Symphonikern, der Philharmonie Südwestfalen, der Slowakischen Philharmonie, dem Slowakischen Radio-Sinfonieorchester, dem Orchestre de Chambre du Luxembourg, der Basel Sinfonietta, dem Sinfonieorchester Biel-Solothurn, der George Enescu“ Philharmonie Bukarest und anderen.
Die Gewinnung eines breiten Publikums für die klassische Musik liegt Videnoff besonders am Herzen. Zusammen mit den Mannheimer Philharmonikern initiierte er eine Reihe von pädagogischen Konzerten für Kinder und offene Proben für Familien. Ebenfalls beteiligte er sich maßgeblich an der Konzeption und Entwicklung von HomeSymphony®, der Plattform für Live-Konzertübertragungen der Mannheimer Philharmoniker im Internet, sowie der Realisation ihrer videogestützten Konzertreihe im Mannheimer Rosengarten. Darüber hinaus ist Boian Videnoff Mitbegründer und Co-CEO von Enote, einem Berliner Musik-Tech-Startup, das eine innovative, KI-gestützte digitale Noten-App entwickelt hat, die von The Guardian als „ein Gamechanger für Musiker“ bezeichnet wurde.
Boian Videnoff wurde 1987 in einer musikalischen Familie in Bulgarien geboren. Er wuchs als europäischer Bürger mit drei Staatsangehörigkeiten in Italien und Deutschland auf, wo er seine musikalische Ausbildung an der Violine, dem Klavier, der Oboe und im Gesang erhielt, bevor er anschließend Dirigieren bei Jorma Panula und Gianluigi Gelmetti studierte.