Zeughaus Neuss

Das Neusser Kammerorchester (NKO) mit seinem Dirigenten Joachim Neugart lud ins Zeughaus Neuss zu seinem 51. Konzert junger Neusser Künstler ein. Aufgrund der aktuellen, auch in der Stadt Neuss spürbaren Notlage vieler Flüchtlinge, hatte das Orchester dieses Konzert als Benefizkonzert angelegt. Zusammen mit den Solokünstlern Jana Frehn (Blockflöte), Giedre Siaulyte (Harfe) und Sandra Urba (Klavier) gab es an diesem Abend Werke von Händel, Vivaldi, Debussy, Mendelssohn und Mozart.



KV 466, Klavierkonzert d-Moll
Orchester: Neusser Kammerorchester
Solisten: Sandra Urba (Klavier)
Leitung: Joachim Neugart
Aufnahme am 29. November 2015 im Zeughaus Neuss

KV 466, Klavierkonzert d-Moll
KV 466, Klavierkonzert d-Moll, Allegro
KV 466, Klavierkonzert d-Moll, Romance
KV 466, Klavierkonzert d-Moll, Rondo Presto

KV 466 Zeughaus Neuss

Die in der Musikgeschichte einmalig hohe Zahl von ca. 30 Klavierkonzerten Mozarts kommt nicht von ungefähr: Sie spiegelt die Bedeutung wider, die in Mozarts Leben und Schaffen das Klavier hatte. Fast all diese Konzerte sind nämlich primär für Mozarts eigenes Konzertieren geschrieben. Denn sein pianistischer Ruhm übertraf zu seinen Lebzeiten sogar noch den des Komponisten. Schon das pianistische Wunderkind war fast jedem Gebildeten, vom Hochadel bis zum Bürger, in Europa bekannt. Die Presse nahm überall von ihm Notiz, man teilte sich in Briefen das Staunenerregende seines Konzerttierens mit, und man hielt in Tagebuch den Eindruck von seiner ans Wunderbare grenzenden Begabung fest. Auf diese Weise ist der Nachwelt auch ein besonders lebendiger Spiegel seiner Wirkung und Ausstrahlung auf die Zeitgenossen erhalten geblieben.
Gerade das d-Moll-Konzert ist ein besonderer Höhepunkt in Mozarts Konzertschaffen. Die düstere, von der Don-Giovanni-Tonart gefärbte, fast im Wortsinn "romantische" Bewegtheit und Spannungsfülle der drei Sätze steht in jener Zeit ohne Vorbild und Parallele da. 1785 entstanden, wurde dieses Konzert zunächst für die blinde Pianistin Parodis geschrieben. Mozarts spielte es zuvor aber auch selbst, und zwar anlässlich des ersten Besuchs seines Vaters in Wien. Und dies geschah sogar in Gegenwart des Kaisers: auf einer "Akademie" im Wiener Burgtheater. Der Vater schrieb darüber an Mozarts Schwester Nannerl: "Dein Bruder spielte ein herrliches Konzert... Ich hatte das Vergnügen, alle Abwechslung der Instrumente so trefflich zu hören, dass mir ... die Tränen in den Augen standen. Als Dein Bruder wegging, machte ihm der Kaiser mit dem Hut in der Hand ein Kompliment und schrie: ,Bravo, Mozart' !".
Etwas Besonderes bietet dieses Werk auch in seiner Formgebung. Die Konzert-Sonaten-Form des eröffnenden Allegro-Satzes bringt für Orchester wie Solist je zwei deutlich kontrastierende und höchst ausdrucksstarke Themen. Die schon damals obendrein vor dem Satzende des Kopfsatzes - wie dann auch des Finalsatzesverbindlich einzufügende Klavier-Solokadenz wurde zu Mozarts Zeit selbstverständlich noch vom Interpreten - also eben von Mozart selbst - jeweils improvisiert blieb so aber der Nachwelt nicht überliefert. Nicht von ungefähr aber schuf dann schon Beethoven, auf dessen Schaffen das Konzert bereits deutlich vorausweist, zu diesem von ihm dementsprechend hoch geschätzten und auch häufig gespielten Mozart-Werk selbst je eine Kadenz für den ersten wie den letzten Satz. Und selbst Johannes Brahms schrieb noch eine eigene Kadenz für den Finalsatz.
Die Romanza, als nicht nur atmosphärisch fast schon auf die Romantik vorausweisender, nach B-Dur "entrückter" Mittelsatz, dessen Thema übrigens bereits in der Durchführung des ersten Satzes auftauchte, steht in ihrer Spannung zwischen einem auch atmosphärisch fast schon "romantischen" Rahmenteil und einem aufgewühlten Mittelabschnitt ebenfalls einzig da.
Die Rondoform des stürmischen Allegro assai-Schlusssatzes, dessen Klavierpart bei der Uraufführung von Mozart aus Zeitmangel übrigens noch gar nicht notiert war - also von ihm "aus dem Kopf" "extemporiert" wurde - , stellt eine bei ihm häufiger zu findende, im Grunde geniale Verbindung von Rondo- und Sonatenform dar, die diesen Finalsatz dann auch noch in dieser Hinsicht zum wirkungsstarken Höhepunkt dieses in strahlendem D-dur endenden Werkes werden lässt, - eines Werkes, das dann insgesamt zu einem Wegbereiter kommender musikalischer Epochen werden sollte.
Text: Wilhelm Schepping

Neusser Kammerorchester

… wurde 1957 von Prof. Dr. Wilhelm Schepping. Ziel der Orchesterarbeit war seit Beginn, besonders talentierte junge Instrumentalisten durch anspruchsvolle Orchester-, Kammermusik- und Soloerfahrungen möglichst intensiv zu fördern. Die Reihe „Konzerte Junger Neusser Künstler“, die jeweils 11 im Winterkonzert fortgesetzt wird, wurde bereits 1965 begonnen. Nach 30 Jahren unter dem Dirigat von Wilhelm Schepping mit Konzertauftritten in Deutschland, Belgien, Frankreich, Polen, Spanien, Kenia und Sambia, mehreren Rundfunk- und später auch Fernsehaufzeichnungen, sowie zwei internationalen ersten Preisen, übernahm Karl Kühling 1988 die Leitung des Orchesters. Unter seinem Dirigat wurde das Neusser Kammerorchester 1991 Landessieger des NRW-Orchesterwettbewerbs in Bielefeld und errang beim anschließenden dritten deutschen Orchesterwettbewerb den zweiten Platz. Ab 1995 unternahm Karl Kühling mit dem Orchester Konzertreisen nach Spanien, Griechenland, Belgien und Luxemburg.
1999 begann Joachim Neugart, Münsterkantor am Quirinusmünster Neuss die Zusammenarbeit mit dem NKO. An der Musikhochschule Saarbrücken zum Kirchenmusiker ausgebildet und als Organist preisgekrönt, war Neugart neben seinem Kantorenamt sechs Jahre lang als Dozent für Chorleitung und Leiter des Hochschulchores am Gregoriushaus Aachen tätig. Wie erfolgreich er die inzwischen mehr als 60-jährige Tradition des Neusser Kammerorchesters weiterführt, belegen nicht nur zahlreiche Orchesterkonzerte, sondern auch diverse in Kooperation mit dem Neusser Münsterchor durchgeführte oratorische Aufführungen und mehrere CD-Einspielungen.
Konzertreisen unter Joachim Neugart führten das Orchester nach St. Paul (USA) und im Rahmen des Deutschlandjahres in Japan 2005 nach Tokio, Hamamatsu und Kyoto. 2007 fand die zweite USA-Tournee statt, bei der das Orchester neben der Neusser Partnerstadt St. Paul diesmal auch Denver, Boulder und Breckenridge besuchte. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums fand im Mai 2007 im Zeughaus Neuss eine Jubiläumsmatinee statt, bei der das Orchester, verstärkt durch ehemalige Mitspieler der vergangenen fünf Jahrzehnte, in drei unterschiedlichen Besetzungen und mit allen seinen drei bisherigen Dirigenten auftrat. Es folgten in den letzten Jahren zahlreiche weitere Konzerte und Konzertreisen ins In- und Ausland. Zuletzt begleitete das NKO die Delegation der Stadt Neuss zum Hansefest 2019 in Pskow/Russland.


Joachim Neugart

Joachim Neugart wurde 1960 geboren. Nach Studien an der Kirchenmusikschule Speyer und an der Musikhochschule des Saarlandes ist er seit 1988 als Münsterkantor am Quirinusmünster Neuss für die Kirchenmusik zuständig. Hier obliegt ihm die Leitung der Chöre an dieser traditionsreichen romanischen Basilika (Münsterchor, Kammerchor Capella Quirina). Von 1989-1996 war er außerdem Dirigent des Moerser Kammerchores. Von 1994 bis 2001 hatte er einen Lehrauftrag für Dirigieren an der Kirchenmusikschule St. Gregorius-Haus in Aachen. Unter seiner Leitung gab der Kammerchor der Kirchenmusikschule vielbeachtete Konzerte im Rheinland und unternahm Konzertreisen nach Österreich, Tschechien und Ungarn. Gastdirigate führten ihn u. a. zur „Choral Arts Society“ nach Tokyo. Seit 1999 ist er Dirigent des Neusser Kammerorchesters und seit 2002 Dirigent des Schönhausenchores Krefeld. Darüber hinaus wirkte er von 2003 - 2006 als Lehrbeauftragter für Chorleitung an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf. Chorleiterkurse in Deutschland und Japan sowie CD-Einspielungen als Dirigent und Organist geben darüber hinaus Zeugnis von Joachim Neugarts vielseitiger musikalischer Tätigkeit.