KV 515, Streichquintett C-Dur
Solisten: Daniel Stoll, Carlotta Rossi (Violine), Gero Wittich, David Tejeda (Viola), Verena Sennekamp (Cello)
Aufnahme am 17. Mai 2015 im Rahmen des Klassikfestivals d'accord in Dörzbach (Schloss Eyb)

KV 515, Streichquintett C-Dur
KV 515, Streichquintett C-Dur, Allegro
KV 515, Streichquintett C-Dur, Andante
KV 515, Streichquintett C-Dur, Menuetto, Allegretto
KV 515, Streichquintett C-Dur, Allegro

KV 515 Schloss Eyb Dörzbach

Das C-Dur-Quintett zeigt die geradezu überwältigende Fülle an Klangkombinationen, die Mozart dem Quintettsatz entlockte. Zu Beginn treten erste Geige und Cello solistisch hervor, im Andante Violine I und Viola I. Mal antwortet das Bratschenpaar dem Geigenpaar, mal umgekehrt, mal treten Geigen und erste Bratsche zu einer Art “Oberchor” zusammen, denen die tiefen Stimmen als “Unterchor” antworten.

Der Kopfsatz von KV 515 beginnt mit dem Elan eines Doppelkonzerts: Das solistische Cello geht mit einem forsch in die Höhe strebenden C-Dur-Dreiklang voran, worauf die erste Geige mit einer empfindsamen Arabeske antwortet. Die drei Mittelstimmen begleiten in pochenden Achteln. Plötzlich tauschen die Außenstimmen die Rollen, vertauschen C-Dur mit c-Moll und erhöhen so noch die Dramatik des Dialogs. Eine eher unscheinbare Kadenzfloskel leitet unversehens in die lyrische Welt des Seitenthemas über. Hier ist alles weich fließend und chromatisch dicht verwoben. Geigen und Bratschen spielen einander paarweise die Motive zu, während das Cello durch ausgehaltene Töne die Spannung erhöht. Ein Terzmotiv wandert durch alle fünf Stimmen, die harmonische Entwicklung erreicht das weit entfernte Des-Dur. Erst das dritte Thema ist fest auf der Dominante gegründet und entwickelt sich aus einer Wellenlinie, die deutlich an den Beginn der “Figaro”-Ouvertüre erinnert. Dieses Figaro-Motiv dient in der Durchführung und der langen Coda als Grundlage für zwei grandiose, quasi-sinfonische Steigerungen – wie überhaupt alles an diesem Satz mehr den Dimensionen einer Sinfonie als denen von Kammermusik entspricht. Es handelt sich um den längsten Allegro-Kopfsatz, den Mozart jemals geschrieben hat – länger als der erste Satz seiner “Prager Sinfonie”, ja sogar als derjenige von Beethovens “Eroica”. Der Grund dafür liegt in den ungeheuer gedehnten Proportionen, die schon im Hauptthema die erstaunliche Zahl von 60 Takten erreichen, in der Coda noch einmal mehr als 40 Takte.

In Mozarts Autograph folgt auf den Kopfsatz zunächst das Andante. Wegen Zweifeln an der authentischen Paginierung ist aber wohl die Reihenfolge des Erstdrucks vorzuziehen, in dem das Menuett an zweiter Stelle steht. Es beruht auf einem Terzenmotiv der Geigen, das die Anderen in feinem kontrapunktischem Satz übernehmen und weiterentwickeln. Im Trio kann man nach zögerlichem Beginn eine Vorahnung der Musik Franz Schuberts in Mozarts Schaffen hören: einen süß-singenden Ländler, der zwischen Dur und Moll auf wehmütige Weise changiert.

Im Andante erhält die erste Bratsche ihren großen Auftritt: Sie kommentiert das gesangliche Thema der ersten Geige mit Einwürfen und verstrickt die Partnerin dann in ein immer drängender werdendes Zwiegespräch – ein Liebesduett im Stile der Opera seria, übertragen in den intimen Rahmen der Kammermusik. Die Figuration der beiden Instrumente und die Intensität ihres Dialogs erinnern an das Andante der Sinfonia concertante KV 364, die Melodik an die Duette zwischen Donna Anna und Don Ottavio im zweiten Akt des “Don Giovanni”.

Dem tänzerischen Rondothema des letzten Satzes liegt ein Tritonus zugrunde, was unweigerlich zu chromatischen Exzessen in seiner Verarbeitung führt. Insgesamt fünf Themen, konzertantes Laufwerk in allen Stimmen, chromatische Übergänge und feine thematische Arbeit halten dieses lange Sonatenrondo auf der Höhe der ersten drei Sätze.

Quelle: www.kammermusikfuehrer.de