KV 179, 180, 352, 353 University of New Mexico

Nicht weniger Aufmerksamkeit als der Genre der in seinem Schaffen vielfältig vertretenen Klaviersonate schenkte Mozart auch Variationszyklen. Er komponierte sie reichlich und gerne, in der jungen wie auch in der reifen Zeit seines Wirkens. Seine Variationen kreierte er zum größten Teil über fremde Themen -aus populären Opern, Liedern und Stücken anderer Autoren.
Wenn seine Klaviersonaten oder Fantasien vor allem für den Ausdruck dramaturgisch entwickelter Inhalte stehen und häufig Träger großer dramatischer Ideen sind, lassen sich Mozarts Variationen eher als eine besondere Nische betrachten, in der der Komponist seine bestimmten Kompositorischen Mittel verfeinerte. Tatsächlich ist Mozart einer der besten Meister für Variationsentwicklung, denn aus schlichten, sogar manchmal relativ banalen und nicht allzu einfallsreichen Themen vermochte er trotzdem sehr lebendige und fantasievolle Kompositionen zu zaubern.
Die Variationen C-Dur KV 179 über ein Menuett von J. Ch. Fischer, entstanden 1774. Ein sehr schlichtes, harmonisch sogar etwas blasses Thema – und was für ein Feuerwerk gestaltet Mozart in den 12 Veränderungen dieses Themas! Beide Hände agieren immer dialogartig, die geschmackvolle, brillante Ausgestaltung der Faktur mit verschiedenen Arten der Klaviertechnik lässt den eher bescheidenen ersten Eindruck vom Thema vergessen.
Der Nachbarzyklus – die Variationen G-Dur KV 180 über di Arie “Mio care Adone” aus A. Salieris Oper “La fiera di Venezia” (1773) – stellt ein etwas anderes Beispiel dar. In den sechs Variationen des Werkes wird von Mozart eher das im Thema bereits vorhandene Potential weiterentwickelt und vervollkommnet. Salieri, kein genialer, aber nichtdestotrotz bedeutender Komponist seiner Zeit, legte auf die italienische Tradition Bel Canto viel Wert. Und Mozart, dieses Merkmal des Stils berücksichtigend, hebt die gesangliche Natur des ruhigen Andante von Salieri klar hervor, auch in der etwas geschwinderen finalen Variation.
Zwei folgende Zyklen – Acht Variationen über das Chorstück “Dieu d’amour” von A. Grêtry F-Dur KV 352 und Zwölf Variationen über das populäre Lied “La belle Françoise“ Es-Dur KV 353 (beide entstanden um 1781) – sind eine Art Tribut an die französische Musik der damaligen Zeit.
Das Thema von Grêtry, einem der führenden Opernkomponisten Frankreichs, ist strukturell ziemlich entwickelt und bietet ein reiches Material für die Variierung. Das Thema entstammt dem Hochzeitsmarsch auf Grêtrys Oper „Les Mariages samnites“, und Mozart, den feierlichen Charakter des Themas beibehaltend, lässt daraus eine Art kleinen Karnevals entstehen - als Fortsetzung und Entwicklung der Feierlichkeit aus der Oper.
„La belle Françoise“ ist ein absolut faszinierendes Beispiel dessen, wie aus einem harmonisch wie melodisch sehr schlichten Thema eine hinreißende, farbenreiche Musik entstehen kann. Variation für Variation, Schritt für Schritt, in jedem Detail verändert Mozart kraft seiner unerschöpflichen Fantasie die ursprüngliche Gestalt des Materials, sodass man es am Schluss nicht mehr erkennen kann. Ein einfaches Liedchen aus dem populären Repertoire erlangt hier eine schöne, echt kunstvolle Form.


KV 353, 12 Variationen für Klavier `La belle Francoise'
Solist: Roman Salyutov (Klavier)
Aufnahme am 23. Oktober 2018 in der University of New Mexico, Albuquerque (USA)

KV 353, 12 Variationen für Klavier `La belle Francoise'


KV 353 Mennonitische Gemeinde Krefeld

Das französische Lied „La belle Francoise“ lernte er wohl während seiner Parisreise kennen, komponierte er aber erst in Salzburg oder Wien (1781). Diese Musik schwebt gleichsam unbekümmert, fast naiv daher – nur in der neunten Variation trübt sich die Musik in moll stark ein – aber nur kurz, dann kehrt die Unbekümmertheit der Musik zurück.


KV 353, Zwölf Variationen in Es über das franz. Lied „La belle francoise“
Solisten: Ingo Hoesch (Klavier)
Aufnahme am 3. November 2018 in der Mennonitische Gemeinde Krefeld

KV 353, Zwölf Variationen in Es über das franz. Lied „La belle francoise“