KV 194 Langenfeld St. Josef

Im Sommer 1774 schrieb W. A. Mozart in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft zwei Messen, die Missa brevis in F, KV192 und die Missa brevis in D, KV194. Beiden Kompositionen eigen ist eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Neigung zur kontrapunktischen Schreibweise. Mozart sucht in beiden brevis-Messen die althergebrachten polyphonen Techniken mit einer modernen Tonsprache zu verbinden.

Die Missa brevis in D, KV194, entstand nur wenige Wochen nach ihrer F-Dur-Schwester. Mozarts autographe Partitur ist auf den 8. August 1774 datiert. Das Werk war für den Salzburger Dom bestimmt. Dem äußeren Rahmen einer Missa brevis entspricht Mozart wie in der F-Dur-Messe durch eine sparsame Besetzung mit vier Singstimmen (SATB), chorisch und solistisch, zwei Violinen, Bass und Orgel sowie den drei in Salzburg üblichen colla-parte-Posaunen zur Verstärkung der Chorunterstimmen.

Stilistisch steht die D-Dur-Messe der F-Dur-Messe nahe, doch nimmt der Kontrapunkt insgesamt einen geringeren Raum ein. Schon im Kyrie scheint sein Anteil zurückgedrängt. Nur noch der Anfang des Kyrie II präsentiert sich im Gewand einer regelrechten Fugen-Exposition, das Christe eleison hingegen wirkt trotz fugaler Anlage eher wie ein episodenhaftes kontrapunktisches Motivspiel, die kleien Modulationspassage nach dem eröffnenden Themenvortrag (Takte 6 - 9) sogar mehr wie neuartige motivistische Arbeit, die ihrerseits bereits als Resultat einer intensiven Auseinandersetzung mit polyphonen Techniken anzusehen ist. Das Orchester begleitet wie in KV192 weitgehend an den Singstimmen orientiert, tritt aber gerade in den themenverarbeitenden Partien mit kurzen eigenständigen Motiven hervor, das Fugato des Kyrie II begleitet es sogar mit einer obligaten Bassfiguration.

Gloria und Credo sind vorwiegend homophon konzipiert. Im Gloria kommt es lediglich bei Domine Deus Agnus Dei und im abschließenden Amen zu imitatorischen Stimmenverflechtungen, ein eigentliches der F-Dur-Messe vergleichbares Schlussfugato fehlt jedoch. Im Credo bleibt der Kontrapunkt auf die Stellen Et resurrexit, in remissionem peccatorum und auf das Amen beschränkt. Ansonsten lockert sich der akkordische Satz nur selten. Auf unterschiedliche, aber dennoch der Messe KV192 verwandte Weise löst Mozart das Problem der musikalischen Zusammenfassung der einzelnen Glaubenssätze. Anstelle von Credo-Rufen (die Priesterintonation ''Credo in unum Deum'' bleibt bei dieser Messe unvertont) greift er das Eröffnungsmotiv der Violinen an verschiedenen Stellen des Satzes wieder auf, wodurch er eine ähnlich vereinheitlichende Struktur erhält wie in KV192. Darüber hinaus verklammert er das Ende des ersten Credo-Teils mit dem Schluss des dritten, indem er die Thematik des descendit de coelis zum letzten Amen wiederkehren lässt. Desgleichen schlägt er durch die Wiederaufnahme des Et resurrexit-Themas im Amen-Fugato einen großen Bogen innerhalb des dritten Credo-Abschnitts. Überhaupt erweist sich das Et vitam mit dem Rückgriff auf die wichtigsten formkonstitutiven Elemente (Credo-Beginn, et resurrexit-Fugato und descendit-Passage) gleichsam als Resümee des ganzen Satzes. Ähnliche Bestrebungen zu formaler Abrundung zeigen auch Kyrie und Gloria mit ihrer reprisenartigen Wiederholung des jeweiligen Anfangsgedankens.

Am nächsten kommen sich die Messen in F und in D im Sanctus. Hier beansprucht die Polyphonie in beiden Sätzen einen in etwa gleichen Anteil, ja im Benedictus scheinen imitierende Stimmeneinsätze in letzterer sogar zu überwiegen. Zu Beginn des Sanctus kleidet Mozart den fugierten Chorsatz wie in der wenige Wochen älteren Komposition in eine eigenständige Umspielung des Orchesters, welche sich hier wie dort durch ihre unaufdringliche Art ausnimmt und als organische Ergänzung des Vokalparts erweist. Die Thematik der kleinen Hosanna-Fuge ist von ähnlich beschwingter Leichtigkeit wie in KV192.

Ebenfalls nahe stehen sich die Agnus-Dei-Vertonungen der beiden Schwesterwerke, diesmal jedoch nicht hinsichtlich des Kontrapunkts, sondern im Hinblick dessen Verzicht. Das Agnus Dei der D-Dur-Messe steht gleichfalls in der parallelen Molltonart und zeichnet sich durch eine expressive, spannungsreiche Diktion aus. Das Dona nobis bildet wie in KV192 einen gefällig-heiteren Beschluss der gesamten Messe, im Vergleich zum Vorgängerwerk mit seiner barförmigen Anlage nun aber als Sonatensatz mit zwei Themen, veritabler Durchführung und Reprise auch formal auf der Höhe seiner Zeit.

Insgesamt ist die kompositorische Struktur in KV194 weniger verdichtet als in KV192, die gefälligere Tonsprache ergreift mehr Raum. Nicht zuletzt darin scheint auch die große Beliebtheit dieses Werkes begründet und die Tatsache, dass gerade es 1793 als erste aller Mozartschen Messen im Druck erschien.
Text: Jochen Reutter, Mannheim, Oktober 1990

KV 194, Messe D-Dur (Missa brevis)
Orchester: Kammerensemble Köln
Solisten: Annegret Krella (Sopran), Frau ter Haar (Alt), Herr Saffran (Tenor), Herr Scheeben (Bass)
Leitung: Matthias Krella
Kirchenchor St. Josef, Live-Aufnahme am 26.08.2001 in St. Josef Langenfeld, Monika Willems (Orgel)
KV 194, Messe D-Dur
KV 194, Messe D-Dur, Satz 1
KV 194, Messe D-Dur, Satz 2
KV 194, Messe D-Dur, Satz 3
KV 194, Messe D-Dur, Satz 4
KV 194, Messe D-Dur, Satz 5
KV 194, Messe D-Dur, Satz 6


KV194 St. Chrysanthus und Daria

Im Sommer 1774 schrieb W.A. Mozart diese Messe für die Liturgie im Salzburger Dom. Im Stil einer "Missa brevis" ist das Werk für 4 Solisten, vierstimmigen Chor sowie 2 Violinen, Bassgruppe und Continuo-Orgel besetzt. Ähnlich wie die zur selben Zeit entstandene 'Missa brevis in F' KV 192 weist das Werk eine ausgeprägte Neigung zur kontrapunktischen Schreibweise auf, jedoch ist sie hier weniger verdichtet als in KV 192 und die gefälligere Tonsprache ergreift mehr Raum. Darin scheint auch die Beliebtheit dieses Werkes zu liegen. Zudem ist diese Messe bereits 1793 als erste aller Mozartschen Messen im Druck erschienen.
Text: Matthias Röttger (unter Rückgriff auf das Vorwort von Jochen Reutter zur Carus-Ausgabe)


KV 194, Messe D-Dur (Missa brevis)
Orchester: Camerata Louis Spohr
Solisten: Merle Bader (Sopran), Isabel Baumgartner (Alt), Daniel Tilch (Tenor), Andreas Post (Bass)
Leitung: Richard Mailänder
Aufnahme am 20. September 2014 in St. Chrysanthus und Daria, Haan

KV 194, Messe D-Dur
KV 194, Messe D-Dur, Kyrie
KV 194, Messe D-Dur, Gloria
KV 194, Messe D-Dur, Credo
KV 194, Messe D-Dur, Sanctus
KV 194, Messe D-Dur, Benedictus
KV 194, Messe D-Dur, Agnus Dei



KV 194 St. Martin Langenfeld-Richrath

Mozart schrieb diese Messe im Alter von 18 Jahren für die kurzen Ämter des Fürstbischofes Colloredo, der von 1772 bis 1801 in Salzburg regierte. Sie gehört neben den Messen in F und B zu den Werken im Kammermusikstil mit kleiner Instrumentalbegleitung.


KV 194, Messe D-Dur (Missa brevis)
Orchester: Camerata Louis Spohr
Solisten: Ruth Schaumann (Sopran), Tina Kupprat (Alt), Tobias Glagau (Tenor), Jens Lohmann (Bass)
Leitung: Peter Gierling
Aufnahme in der Kirche St. Martin, Langenfeld-Richrath am 26.12.2014

KV 194, Messe D-Dur
KV 194, Messe D-Dur, Kyrie
KV 194, Messe D-Dur, Gloria
KV 194, Messe D-Dur, Credo
KV 194, Messe D-Dur, Sanctus
KV 194, Messe D-Dur, Benedictus
KV 194, Messe D-Dur, Agnus Dei