Insel Nonnenwerth, Kapitelsaal

Das Kloster St. Clemens der Franziskannerinnen auf der Rheininsel Nonnenwerth öffnete erstmalig in der Konzertsaison 2012/2013 seine Pforten für eine eigens für diese geschichtsträchtige Insel gestaltete Konzertreihe.
Die Insel hat in der Musikgeschichte schon früher eine Rolle gespielt: Franz Liszt verdankt der Insel wichtige Impulse für sein künstlerisches Schaffen, weilte er doch in den Jahren 1841-1843 mehrfach auf der Insel. Hier traf er sich mit Künstlern seiner Zeit, wie der französischen Romanautorin George Sand, dem großen französischen Schriftsteller Alfred de Musset und dem Komponisten Louis Spohr.
Die Insel und das ehemalige Kloster der Benediktinerinnen wurden in dieser Zeit zu einem kulturellen Treffpunkt. 1854 kamen die Franziskanerinnen auf die Insel. Sie belebten das Kloster neu. Bis heute leben und wirken sie auf Nonnenwerth.
Mit dieser besonderen Konzertreihe möchten sie diesen kulturell geprägten Ort Interessierten zugänglich machen.

Die vier Konzerte einer Konzertsaison finden zwischen Oktober und Mai statt und beleuchten unterschiedliche Aspekte eines gemeinsamen Themas. Sie werden von international bekannten Kammermusik-Ensembles in verschiedenen Besetzungen gestaltet.

Das Thema der Saison 2016/2017 lautet „Innere Welten“
Wie beschreiten Komponisten und Künstler den Weg von der ursprünglichen Idee zu einem Werk bis zur Vollendung ihres Kunstwerks? Gibt es immer eine Initialidee? Wenn ja: Ist diese Idee emotionaler, realer oder vielleicht formaler Natur? Welche Rolle spielt ein eventueller Auftraggeber, ein bestimmtes Publikum oder die Meinung der Fachwelt in den Überlegungen eines Schaffenden?
Das Konzert im November mit Werken von Mozart, Eisler, Bach und Piazzolla stellt eine musikalische Form in den Mittelpunkt der Betrachtung, die viele Komponisten (und später auch bildende Künstler) über Jahrhunderte hinweg inspiriert hat: die Fuge.



KV 285, Quartett für Flöte & Streicher D-Dur
Solisten: Betty Nieswandt (Querflöte), Donate Wilken (Violine), Zeynep Tamay (Viola), Verena Sennekamp (Violoncello)
Aufnahme am 20. November 2016 auf der Rheininsel Nonnenwerth, Kapitelsaal

KV 285, Quartett für Flöte & Streicher D-Dur
KV 285, Quartett für Flöte & Streicher D-Dur, Allegro
KV 285, Quartett für Flöte & Streicher D-Dur, Adagio
KV 285, Quartett für Flöte & Streicher D-Dur, Rondo, Allegretto

KV 285 Insel Nonnenwerth, Kapitelsaal

Der musikalischen Hochblüte Mannheims im späten 18. Jahrhundert verdankt Mozarts D-Dur-Flötenquartett seine Entstehung. Der junge Salzburger Meister hielt sich im Winter 1777/78 für mehrere Monate in der kurpfälzischen Residenzstadt auf, weil er am Musenhof Karl Theodors auf Anstellung hoffte. Im Dunstkreis des kurfürstlichen Flötenspielers lernte er bekannte und weniger bekannte Flötisten kennen wie etwa den berühmten Virtuosen Wendling, mit dem er sich eng befreundete, oder den aus Bonn stammenden Medizingelehrten Ferdinand de Jean, der das Flötespiel dilettierend betrieb.
De Jean war als Arzt im Dienst der Verenigde Oostindische Compagnie zu Reichtum gelangt, was es ihm erlaubte, bei Mozart “3 kleine, leichte, und kurze Concertln und ein Paar quattro auf die flötte” gegen das fürstliche Honorar von 200 Gulden zu bestellen. (Soviel erhielt man seinerzeit für eine große Oper!) Mozart stürzte sich sofort in die Arbeit für den “indianischen Holländer” und vollendete am Weihnachtstag 1777 das D-Dur-Quartett, KV 285 – wie man hören kann, mit Elan, der freilich schon wenig später ins Stocken geriet. Mozart selbst führte seine angebliche Aversion gegen die Flöte als Entschuldigung ins Feld, der wahre Grund war jedoch seine Liebe zu der 16jährigen Aloisia Weber, die seine Gesangsschülerin und Angebetete geworden war. Ihr opferte er die kostbaren Mannheimer Wochen auf, so daß letztlich nicht einmal die Hälfte von de Jeans Auftrag fertig wurde. Wie es den Gepflogenheiten der Zeit entsprach, die nach Vertrag, nicht nach Qualität bezahlte, erhielt der Komponist statt 200 nur 96 Gulden, wogegen er heftig protestierte, da er angeblich immerhin zwei Konzerte und drei Quartette (Quadros) fertiggestellt hatte. Ganz trauen kann man diesen Zahlen – wie häufig in Mozarts Briefen – nicht. So läßt sich von seinen vier Flötenquartetten nur das in D-Dur mit Sicherheit auf die Mannheimer Zeit datieren. Die anderen sind entweder spätere Wiener Werke (C-Dur und A-Dur) oder so korrumpiert überliefert, daß sie kaum als authentisch gelten können (G-Dur, teilweise C-Dur).
So blieb das D-Dur-Quartett Mozarts einziger voll gültiger Beitrag zu einer Gattung, die allein in Mannheim zwischen 1760 und 1790 mehrere Dutzend Werke hervorbrachte, komponiert von Musikern wie Wendling, Toeschi und Cannabich. Mozarts Quartett zeugt von der Auseinandersetzung mit der empfindsamen Tonsprache dieser Meister. Während sein Vater eher abschätzig vom “vermanierierten Mannheimer goût” sprach, experimentierte er mit “Mannheimer Manieren” wie dynamischen Kontrasten, Vorhalten und Zwischendominanten, ohne freilich den “wahren rührenden Geschmack” ganz zu verleugnen. Eine ideale Synthese gingen beide Stilideale in dem wunderbaren h-Moll-Adagio des Quartetts ein.
Quelle: Kammermusikführer Villa Musica

KV 404a Insel Nonnenwerth, Kapitelsaal

Unter der Werkverzeichnis-Nummer KV 404a finden sich sechs dreistimmige Präludien und Fugen. Es handelt sich bei den Stücken jeweils um Satzpaare von je einem Präludium mit einer Fuge. Von besonderem Interesse dürfte bei diesem Werk sein, dass es sich bei zwei der Präludien und fünf Fugen um Werke Johann Sebastian Bachs handelt, die jeweils mit einem Präludium von Mozart ergänzt wurden. Die Fuge des 6. Werkpaares stammt von Wilhelm Friedemann Bach.

Diese Präludien und Fugen, die wahrscheinlich von Mozart selbst für Streichtrio zusammengestellt und arrangiert wurden, sind ein wertvolles Dokument der intensiven Studien, die Mozart den Werken Johann Sebastian Bachs angedeihen lies. Mozart schrieb 1782 an seinen Vater:
„Ich gehe alle Sonntage um 12 Uhr zu Baron van Suiten und da wird nichts gespiellt als Händl und Bach.- ich mach mir eben eine Collection von den Bachischen Fugen.-so wohl sebastian als Emauel und friedeman Bach.“

Die hier vorliegenden Aufnahmen stellen folgende Werkpaare vor:

KV 404a, No.1
Adagio
Fuge (nach Johann Sebastian Bach, Das Wohltemperierte Clavier I, Fuga 8 dis-moll BWV 853)

KV 404a, No.3
Adagio
Fuge (nach Johann Sebastian Bach, Das Wohltemperierte Clavier II, Fuga 13 Fis-Dur BWV 882)

KV 404a, No.4
Adagio (nach Johann Sebastian Bach, Adagio e dolce aus der Orgelsonate III BWV 527)
Fuga (nach Johann Sebastian Bach, Contrapunctus 8 aus der Kunst der Fuge BWV 1080)

Betty Nieswandt

Betty Nieswandt, Querflöte, geboren in Hofheim a.Ts, studierte an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main, wo sie im Jahr 2000 mit dem Titel Orchesterdiplom abschloß. Ein Aufbaustudiengang in historische Interpretationspraxis mit der Traversflöte ergänzte ihre Studien.
Neben ihrer Beschäftigung mit Alter Musik reizt sie vor allem die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik. Wichtige Impulse erhielt sie durch Zusammenarbeit mit namhaften Komponisten wie Hans Zender, Klaus Huber und Helmut Lachenmann. Sie war Teilnehmerin der Ensemble Recherche Akademie Freiburg und Stipendiatin der Internationalen Ensemble Modern Akademie in Schwaz/Tirol.
Ihr weitgefächertes Repertoire von Barock bis zur Moderne, ihre außerordentliche Musikalität und inspirierende Bühnenpräsenz erklären ihre erfolgreiche Laufbahn als Solistin und Kammermusikerin. Regelmäßig konzertiert sie in ganz Europa, Lateinamerika und den USA. Von 2007 bis 2011 war sie Flötisten des Mainzer Kammerorchesters.
Ihre pädagogische Karriere begann 2006 mit Ihrem Lehrauftrag für Flöte und Lehrpraxis an der Frankfurter Musikhochschule. Von 2008 bis 2010 war sie Dozentin für Methodik und Didaktik an der Musikhochschule in Lübeck. Seit 2009 leitet sie eine Flötenklasse sowie die Methodikseminare an der Hochschule für Musik in Saarbrücken.
Im Auftrag des deutschen Musikrates lehrte sie 2008 für vier Monate für das Simon Bolivar Youth Orchestra in Venezuela. Darauf folgten Einladungen als Gastdozentin an die Murray State University, Kenntucky USA sowie nach Istanbul an die Marmara University, Türkei.


Donata Wilken

Die Geigerin Donata Wilken studierte Orchestermusik an den Hochschulen Karlsruhe und Köln, wo sie 2001 ihr künstlerisches Diplom ablegte. Im gleichen Jahr wurde sie Mitglied im Opern- und Museumsorchester Frankfurt.
Schon im Studium bildete die Kammermusik bei Donata einen weiteren Schwerpunkt neben dem Orchesterspiel. So nahm sie mit verschiedenen Ensembles einige Jahre bei dem Sommercamp der Idyllwild School of Music in Los Angeles an Kammermusikkursen teil, sowie an Kursen des Landesmusikrates in Weikersheim. Sie spielte viele Jahre Streichtrio und war Mitglied des Schnitzlerquartetts mit Auftritten im In- und Ausland.
Weiter liegt ihr die Barockmusik sehr am Herzen und sie vertiefte dies mit einem Aufbaustudium für Historische Interpretationspraxis an der Hochschule für Musik in Frankfurt bei Prof. Petra Müllejans. Seit 2009 ist sie Mitglied des Ensemles Colorito, das sich intensiv mit Alter Musik auseinander setzt.


Zeynep Tamay

Zeynep Tamay, Viola, wurde am 19.August.1981 in Izmir-Türkei geboren. Ihren ersten Bratschenunterricht erhielt sie mit 13 Jahren am Staatlichen Konservatorium der Dokuz Eylül Universität-Izmir bei Zeliha Özel. Im Juni 2004 schloss sie ihr Studium in der Türkei mit Diplom ab und setzte ihre Ausbildung an der Hochschule für Musik Detmold in der Klasse von Prof. Diemut Poppen fort. Weitere künstlerische Impulse erhielt sie von Corinne Contardo, Sebastian Bürger und Nina Arnold. 2008 schloss sie die "Künstlerische Ausbildung" mit Diplom ab. Im Jahr 2009 setzte ihr Studium an der Robert-Schumann Hochschule für Musik in Düsseldorf in der Klasse von Prof. Jürgen Kussmaul im Studiengang "Orchestermusik“ fort.
2008/09 spielte sie als Praktikantin beim SWR Sinfonieorchester Baden-Baden& Freiburg. 2009/10 schloss sich ein Praktikum beim Frankfurter Opern- und Museumsorchester an, wo sie anschließend von 2010-2012 einen Zeitvertag hatte. Zur Zeit studiert sie an der HfMDK Frankfurt, "Historische Aufführungspraxis " bei Petra Müllejans und hat einen Zeitvertrag beim Orchester des Staatstheaters Darmstadt.


Verena Sennekamp

Verena Sennekamp von der Presse gelobt für ihr faszinierend beseeltes, klangsensibles Spiel, ihre wundersame Leichtigkeit und ihre prägnante Bogentechnik, hat sich in den letzten Jahren gleichermaßen als Solistin und Kammermusikerin auf Konzertpodien im In- und Ausland einen Namen gemacht. Sie trat bereits in vielen renommierten Konzertsälen wie der Carnegie Hall, der Victoria Hall Genf, der Alten Oper Frankfurt, der Tonhalle Düsseldorf und der Kölner Philharmonie auf. Auf mehrfache Einladung der Deutschen Botschaft gab sie Recitals in El Salvador, Sofia, Genf, Krakau und Tokyo.
Mit großer Begeisterung spielt sie in verschiedenen Kammermusikformationen. Sie ist ein gerngesehener Gast auf Festivals und trat beim beim Norfolk Chamber Music Festival, dem Banff Summer Music Festival, den Mendelssohn Musiktagen Krakau, dem Manchester Summer Chamber Music Festival und dem Gstaad New Year’s Festival auf. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Gestaltung ihrer eigenen Kammermusikprogramme, die oftmals auch interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Künstlern anderer Sparten, wie z B. Schriftstellern oder Schauspielern entstehen.
Verena Sennekamp absolvierte ihr Masterstudium als Stipendiatin der Meisterklasse von Aldo Parisot an der Yale School of Music in den Vereinigten Staaten. Ihren ersten Cellounterricht erhielt sie im Alter von 7 Jahren in Bonn bei Barbara Varsanyi. Mit Bestnoten graduierte sie von der Musikhochschule Karlsruhe. Ein Erasmus Stipendium führte sie Amsterdam, wo sie ihr Studium bei Dmitri Ferschtman fortsetzte. Wertvolle künstlerische Impulse erhielt sie von Mario Brunello, Ralph Kirshbaum, Phillipe Muller, Steven Doane, Anner Bylsma und Wen-Sinn Yang. Kammermusikalisch arbeitete sie mit dem Vermeer Quartett, dem Keller Quartett und dem Tokyo String Quartett.